Wilhelm Plüschow *1852 – †1930 und Wilhelm von Glöden *1856 – †1931gelten als die Pioniere der homoerotischen Aktfotografie, zwei Künstler, die in Süditalien das mythische Ideal der Antike und ein unverkrampftes Verhältnis der Menschen zur Nacktheit fanden. Ihr fotografisches Oeuvre prägte jahrelang die Aktaufnahmen von homosexuellen Männern. Auch die skulpturenartig wirkenden Männerakte des berühmten Magnum-Fotografen Herbert List *1903 – †1975, stehen in dieser Tradition. Doch das verspielt-antikisierende Ambiente Plüschows und von Gloedens, die surrealistisch verfremdeten Inszenierungen Lists, interessieren Werner Bandi weniger. Sein ideales Männerbild findet er vielmehr in der «Knabengruppe» vor dem Gymnasium Kirchenfeld (1926 – 1938) des Berner Bildhauers Karl Geiser. Bandi war ja von Spiez aus häufig in Bern, und er kannte dieses imposante Werk. Die sitzenden und stehenden junge Männer gehören in den 1940ern zu Bandis Lieblingsmotiven. Er bedient sich sowieso gerne an bekannten Oeuvres, so inszeniert er auch den oft kopierten «Jüngling am Meeresufer» (1837, Louvre Paris) von Hippolyte Flandrin, den er an die Gestade des Thunersees versetzt.
In Zürich publizierte die Zeitschrift «Der Kreis» ab 1943 homoerotische – aber nie sehr freizügige – Fotos von Karlheinz Weinberger, George Platt Lynes, Allison Delarue und anderen. Als «unbekannter Schweizer Fotograf» konnte Werner Bandi ebenfalls im «Kreis» veröffentlichen. Ein paar seiner expliziteren Arbeiten wurden sogar über den «Bilderdienst» dieser Organisation anonym an Sammler verschickt. Bandis Fotografien erkennt man sofort, denn er hat einen durchaus eigenen Stil gefunden. Manchmal wirken die Posen zwar etwas steif und uninspiriert. Bei den Aufnahmen mit Fredi St. schimmert aber die Liebe zum Modell durch. Diese Diapositive unterscheiden sich deutlich, sie wirken frisch und viel verspielter. Typisch aber für Bandi ist, wie er die Natur in seine Aktaufnahmen integriert. Wuchtige Felswände, knorrige Kiefern, sprühende Gischt beherrschen das Bild. Die wilde Berglandschaft um den Oeschinensee ist die eigentliche Hauptdarstellerin, nicht der an den Felsen geschmiegte männliche Akt. Hier zeigt sich Bandis Werk verwandt mit den Arbeiten von Gerhard Riebicke *1878 – †1957, dem wichtigsten Fotografen der Sport-und Freikörperkultur der Weimarer Rebublik. Riebicke fotografierte nackte Menschen in der Natur und avancierte so zum gefragten Bildlieferanten für Zeitschriften wie «Ideale Nacktheit» oder «Sport und Bild». Riebicke war ausserdem ein wichtiger Chronist der Reformbewegung – was wiederum auf den Monte Verità und Werner Bandi verweist, der ja ab 1943/44 mit Fredi St./Bob Steffen regelmässig Ferien in Ascona verbracht hat.